Und sie versaute das Leben ihres Kindes…

Die Vögeln zwitschern, wenn man morgens das Haus verlässt ist es noch äußerst kühl und mittags bei der Heimkehr fragt man sich, wann das Waldschwimmbad wieder aufmachen wird und jedes Wochenende stehen Kinderbazare auf dem Plan.  Es ist Frühling.

Bei den hiesigen Kinderbazaren ist es üblich, dass Kinder auch im Foyer oder außerhalb des Austragungsortes ihren Kunst und Krempel verhöckern können, dabei kann man tiefe Einblicke in das Leben der heutige Kinder gewinnen…

Neulich sah ich, wie ein Knilch sämtliche Schleichritter für einen Appel und ein Ei verkloppen wollte, dazu noch diverse Nin-ten-do Spiele und drei MP3 Player…

Was mir genauer auffiel war die scheinbare Geringschätzung dieser Gaben, denn kaum verbraucht, wurden sie um ein Bruchteil des Wertes wieder verkloppt — sie wurden fast verschenkt.  Es war offensichtlich, dass diese enorme Ansammelung, die ein kleines Vermögen darstellte, ihn unabgründlich langweilte.  Das ulkige daran?  Ich kenne den Jungen, und als ich seine Eltern darauf ansprach (der Sohnemann hat aber besonders gute Preise für seine Waren, oder?), haben diese nur mit den Augen nach hinten gerollt, als ob sie sagen wollten:  „So sind die Kinder…“

Machst Du auch diese Beobachtung?  Bei den Kindern häuft sich das Spielzeug und Schnickeldei… Eine Freundin erzählte mir neulich, ihr Sohn (sie hat nur einen Sohn) sei so bombadiert worden mit Spielzeug — gekaufte, geschenkte, geerbte — von Bekannten und Verwandten, dass sie aufgehört hat, ihn zu bitten, sein Zimmer aufzuräumen. Stattdessen fordert sie ihn nur noch auf, dieses Zimmer auszubaggern… frei zu schaufeln.

Während meine Generation (aua, und mit einem Mal fühle ich mich so *alt*) sich vielleicht derart  aufgeregt hätte, das liebste Spielzeug zu verlieren, halten Kinder der heutigen Generation kaum einen Überblick über all das, was sie besitzen:  fehlt ihnen einen Spielzeug, merken nur die Wenigsten davon!  Neulich hörte ich folgende Geschichte — ein Junge fand in seinem Zimmer einen Nintendo DS (Wert ca. 150€), und es war ihm nicht möglich herauszubekommen, wessen Spielzeug dies eigentlich war.  Etwa ein halbes Jahr später war die Besitzerin bei ihm zum Spielen als sie ihren Nintendo wiedererkannte.  Lapidar hieß es, „Ich hatte mich gefragt, wo ich das Ding hab liegen lassen…“.

Natürlich geht es nicht nur um Spielzeug.  Aber auch der Fernsehkonsum (bei 3-13 jährigen 90 Min. am Tag, ab 13 bis zu 2.5 Stunden am Tag), Nintendo, Wii und Co.

Die Folge?  Überstimulation, Kinder reagieren mit Überbelastungserscheinungen und dies erscheint ihnen als *völlig normal*.  Alles, was als weniger spannend sich darbietet, etwa ein Spaziergang durch den Wald, Plätzchen backen, oder einfach im Klassenzimmer zu sitzen und einen Referat sich anzuhören, wird als langweilig empfunden.

So erscheint es mir, dass wir das Leben (und die Lebenslust sowie Unternehmungslust) unsere Kinder mit so viel Spielzeug verderben.

Aber, meine Beobachtung bis jetzt?  MomBlog Leser sind anders!  Das gibt mir Hoffnung.  Wie macht ihr das anders?  Wie wirkt ihr gegen diesen Media- und Spielwahn unserer Zeit oder wenn das noch nicht so aktuell sein sollte:  welche Strategie stellt ihr Euch vor für die kommenden Jahren?

10 Gedanken zu „Und sie versaute das Leben ihres Kindes…

  1. Oh. Ja. Selbstverständlich… meine missionarische Eifer hatte mich gepackt, liebe MomBlog… hätte ich besser wissen müssen…

    Ich stimme mit dir überein! 😀

  2. Ah, Otto hatte ich glaub ich nie im Haus… es sind eher die Lego Kataloge… Livipur, kenne ich gar nicht… aber sicher ist das ein schöner Katalog.

    Ich mag Jako-o, nicht zum einkaufen (oi oi, sau teuer) aber um überhaupt Ideen zu bekommen. Viele Haba-ähnlichen Sachen haben wir nachgebastelt… aber wehe, die Kids bekommen diese Katalog in den Fingern!

    (Ich bin fast geneigt, diese Jako-o Katalog „Mama’s P*rn“ zu nennen 😯 … verstecke ich sie unter die Matratze… LOL.)

  3. Bei uns sind Kataloge immer ein Inspirationsquell. Wir schauen durch, natürlich kreuzen wir an, was uns gefällt, was wir vielleicht auch haben wollen oder schön finden. Aber dann überlegen wir gemeinsam, wir wir das denn vielleicht auch selber machen können oder mit anderen Mitteln herstellen…Mit Katalogen meine ich keinen Otto, Neckermann & Co Katalog. Nur am das noch richtigzustellen. Sondern bei uns sind das Livipur, Käthe Kruse & Konsorten.

  4. Den Ball flach halten?

    Nein, die Welt als Reichtum erkennen!

    Hohe Ansprüche züchtet man mit diese Überfluß nicht. Meines erachtens sind die Anspruche derart flach und niedrig… als würde man sagen: das Leben ist nur mit künstlichen Schnickeldei zu geniessen… welch ein Irrtum!

    Genau das ist es, was ich bei MomBlog so schätze: dieses selber erarbeiten, die Welt selber entdecken, „was kann ich aus eigener Kraft/Phatasie“ usw.!

    Ja, ich glaube fast schon, dass das Konsumerziehung (wenn so überspitzt wie oben beschrieben) wirklich das wahre Leben versaut. Da kennt man nur den Geschmack anhand der künstliche Geschmacksverstärker… und sagt pfui (oder rupft die Nase) zum frischen Kost… ich habe solche Kinder zur Gast gehabt: das esse ich nicht!

    Es zieht durch und durch: Konsumgüter, Konsumessen, bald sind unsere Bekanntschaften nur Konsumfritzen, solange interessant, solange sie MIR noch was bieten… bieten sie mir nichts mehr, brauche ich sie mir nicht mehr.

    Ich höre auf zu predigen… sonst schreibe ich mich in Rage 😉 .

    1. @Andrea: Aus meiner Sicht züchtet man derart hohe Konsumansprüche, die so teuer sind, dass man sie mit Bafög oder dem ersten Lehrgeld alleine wohl nicht mehr befriedigen kann. Die Werte die dahinter stehen sind flach und niedrig, da gebe ich Dir völlig Recht. Und die Befridiegung dieser Konsumansprüche, die halten wir flach, um eben ‚die Welt in ihrem Reichtum‘ zu erkennen und zu zeigen, dass Kühe nicht lila sind und Spinat nicht viereckig. Mit einfachen Dingen glücklich sein oder vielleicht sogar gerade wegen der Einfachheit glücklich sein: back to the roots ohne die Zukunft aus den Augen zu lassen: das ist hier für uns der spannende Weg!!

  5. Tja, sowas erleben wir leider auch im Umfeld und es regt mich warnsinnig auf. Ich sag schon mal das wir nicht dafür arbeiten das wir unserem Kind alles hinterherschmeissen können. Wenn ich höre wieviele Kinder im zarten Alter von 8 Jahren schon einen Nintendo haben o.ä. frag ich mich ob mein Umfeld zuviel Geld hat ;-).
    Unsere Tochter hat auch viel Spielzeug, aber sie weiß was sie hat, weiß die einzelnen Sachen zu schätzen und beschäftigt sich auch damit. Allerdings kann sie auch einen Pappkarton in ein Puppenhaus umfunktionieren. Ihr Kaufmannsladen ist abwechselnd eine Tierarztpraxis, als nächstes ein Geschäft, dann wieder ein Büro usw.
    Wir basteln aber auch, sind wiel zu Fuss oder mit dem Rad unterwegs, backen gemeinsam usw.
    Uns ist wichtig das sie lernt das man nicht leichtfertig Dinge austauscht. Nun und Warten will auch gelernt sein :-). Liebe Grüße

  6. Mist, manchmal denkt mein Gehirn zu weit um die Ecke.

    Der Titel soll anklingen, dass die Mutti (die dieses Überkonsum zulässt) vielleicht das Leben ihres Kindes damit vermasselt (natürlich überspitzt).

    Am Schluss schrieb ich:

    So erscheint es mir, dass wir das Leben (und die Lebenslust sowie Unternehmungslust) unsere Kinder mit so viel Spielzeug verderben.

    Und dachte, den Gedankenkreis geschlossen zu haben.

    Bitte entschuldige mein Fehler (und danke, dass meine Grammatik nicht angemeckert wird, muss die stellenweise doch abenteuerlich wirken… 😉 ), ich gelobe Besserung.

    Mit den Katalogen stehe ich auf Kriegsfuss… aber das ist vielleicht einen weiteren Beitrag wert. Bei uns wirken sie eher „haben-wollend“ und ich habe dann das Gefühl, mich in Teufelsküche gebracht zu haben…

    Mir gefällt aber, wie Du aktiv dabei bist und umlenkst 😀 .

    1. @Andrea: ich weiß nicht, ob wir das Leben unserer Kinder damit verderben, aber wir züchten hohe Ansprüche damit. Die muss dann das Kind später mit eigenem Einkommen erstmal weiter erfüllen können. Wenn nicht, weil Einkommen zu gering oder oder, dann ist die Frustration vorprogrammiert. Wo ist da das eigene Steigerungspotential für das Kind? Deshalb halten wir den Ball lieber flach, damit die Kinder später dann selber ihr Leben gestalten und aufbauen können.

  7. Ich verstehe den Zusammenhang von Überschrift und Inhalt des Artikels nicht so ganz.

    So machen wir das mit dem Spielzeug und Konsum:

    1. Vorleben. Selber wenig konsumieren (kein Fernseher, Computerkonsum..ok, da ist Potenzial vorhanden, keine Trends mitmachen, kein Schnickeldi kaufen)
    2. Geschenke lenken. Dh konkrete Wünsche und Anregungen an schenkwillige Freunde und Verwandte richten. Beim Kleinen sortieren wir Dinge aus, die nicht in unser Konzept passen, bei der Großen mit ihrem Einverständnis.

    Die Große kann sich nicht gut von Sachen trennen, auch nicht, wenn sie diese eigentlich nicht mehr benötigt. Ich lasse das dann eine Weile ruhen, lagere im Keller zwischen oder verhandle.

    3. Durch Langeweile müssen die Kinder auch mal durchgehen. Wir gucken dann Bücher an oder Kataloge. Dann kommt die Inspiration wieder. ZB gestern hab ich mit dem Sohn gebastelt und Bilder aus einem alten Käthe Kruse Katalog ausgeschnitten. Dann kam die gelangweilte Tochter, schaute sich den Katalog an und war plötzlich inspiriert, wieder mit ihren Puppen zu spielen. Und zwar mit dem kleinen Sohn 🙂

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